Bildung und Wissenschaft seit der Wende: Zur Transformation by Hans-Werner Fuchs

By Hans-Werner Fuchs

1. 1 Zum Thema In den Jahren 1989 und 1990 vollzogen sich in Europa Umbrüche mit welt­ weiten Folgen. Die friedlichen Revolutionen in den mittelosteuropäischen Staaten, die Auflösung der Warschauer Vertragsorganisation und des sowjeti­ schen Macht- und Einflußbereiches, der Zerfall der Sowjetunion und nicht zuletzt die Wiedererlangung der deutschen Einheit sind Teile eines Prozesses, der in historischer Perspektive mit dem Ersten Weltkrieg einsetzte und erst 1 durch die genannten Ereignisse einen vorläufigen Abschluß fand . Die histo­ rischen Veränderungen erfordern eine Neuorientierung in einer Welt, in der Politik und politisches Denken seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges von der Bipolarität antagonistischer Machtblöcke dominiert wurden und unter dem Signum Ost-West-Konflikt nahezu alle anderen politischen, ökonomi­ schen und gesellschaftlichen Entwicklungen überlagerten. 1990 nahm der durch die Teilung in Deutschland besonders deutlich her­ vorgetretene Ost-West-Konflikt ein Ende, kam der Zweite Weltkrieg zu ei­ nem auch formalen Abschluß. Im Zuge der Vereinigung beider deutscher Staaten und der in diesem Zusammenhang geschlossenen völkerrechtlichen Verträge wurde die Nachkriegsordnung obsolet. Die ehemaligen Siegermäch­ te bestätigten der vergrößerten 'neuen' Bundesrepublik Deutschland ihre völ­ kerrechtliche Souveränität, und mit der Republik Polen wurden noch offene, insbesondere territoriale Fragen rechtlich verbindlich geregelt. So konnten die äußeren Aspekte der Vereinigung im Jahr 1990 unerwartet zügig und kon­ fliktfrei gelöst werden.

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Bildung und Wissenschaft seit der Wende: Zur Transformation des ostdeutschen Bildungssystems

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4 Forderungen zur Reform des allgemeinbildenden Schulwesens Die politischen und wissenschaftlichen Akteure entwickelten ihre bildungspolitischen Vorstellungen bis zur Volkskammerwahl in der Annahme, daß sich die DDR politisch und gesellschaftlich erneuerte, in ihrem Bestand aber zunächst nicht gefährdet war. Die Reformforderungen orientierten sich daher am bestehenden Bildungssystem. Die mit Abstand größte Zahl von Reformvorschlägen wurde zum allgemeinbildenden Schulwesen unterbreitet. Die Kritik am allgemeinbildenden Schulwesen bezog sich auf: den Mangel an Wahlmöglichkeiten im Unterrichtsangebot; den Vorrang des Russischunterrichts sowohl gegenüber Englisch und Französisch als auch gegenüber den alten Sprachen; die Struktur, die Dauer und den Inhalt der Abiturvorbereitung; die Reglementierung des Zuganges zu weiterführenden Bildungsgängen; die Unausgewogenheit von mathematisch-naturwissenschaftlichen und musisch-ästhetisch-künstlerischen Unterrichtsanteilen; die fehlenden didaktischen und methodischen Freiräume für die Lehrer, die unzeitgemäße Unterrichtsmethodik, und der Art der Leistungsbewertung und Zensurengebung.

Schwerin, E. 1990a, S. 73. Hofmannffiedtke 1990, S. 156. der Haß-Erziehung manifestierte. Die Synode des Bundes der Evangelischen Kirchen mahnte 1988 einen innergesellschaftlichen Dialog an, bei dem neben anderen auch bildungspolitische Aspekte zur Sprache kommen sollten6 . Die Kritik der Kirchen und der unter ihrem Dach arbeitenden Gruppen am Bildungssystem floß Ende der achtziger Jahre in der Ökumenischen Versammlung der in der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen verbundenen Einzelkireben und christlichen Gruppen zusammen.

Diese seien Teil der ideologischen Erziehung und führten zu konformem und opportunistischem Verhalten. Die ökumenische Versammlung mahnte Toleranz im Umgang mit Jugendlichen an, die sich nicht zur bedingungslosen Anpassung an das vorgegebene Werte- und Normengefüge bereit fanden. Gleichzeitig sprach sie sich für ein zu Mündigkeit und Verantwortungsbewußtsein erziehendes Bildungssystem aus. Die Kirchen forderten immer wieder Chancengleichheit für alle Kinder und Jugendlichen unabhängig von ihrer religiösen oder politischen Überzeugung ein7 .

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